um mich herum

Die Nacht breitet ihre langen Arme über der Stadt aus. Und langsam kommt Bewegung in das zuvor ruhige Leben der Straßen. Menschen kommen wie Ameisen aus ihren Häusern und haben offenbar nur ein Ziel, sie wollen sich vergnügen. Endlich abschalten von den Anstrengungen der letzten Tage, alle Sorgen und Probleme hinter sich lassen und eintauchen in das Nachtleben. Wie Blumen, so haben sie sich herausgeputzt, so als würde man mit seinem Aussehen und seinem Duft, ähnlich der Blumen und den Bienen einen Partner anlocken können. Und das ist es ja auch eigentlich so. Alle sind bestrebt aus sich das Beste zu machen, am schönsten auszusehen,  immer mit dem Gedanken, jemanden zu finden, der ihnen gefällt und der für sie auch ansprechend ist. In so einer Nacht gehe auch ich los, um zu schauen, nicht mit der Absicht jemanden zu finden, nein, das habe ich ja bereits, ich möchte die Menschen beobachten, ihr Verhalten studieren, sehen was sie anstellen, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Welch ein offensichtliches Durcheinander herrscht hier, jeder geht in eine andere Richtung, teilweise zu zweit, manchmal in kleinen Gruppen, nur ist kein richtiges System zu erkennen und doch scheint jeder genau zu wissen, wo er hin will. Hier treffen sich Menschen, die sich schon lange nicht mehr gesehen haben, dort gehen sich Menschen auseinander, die sich nicht mehr sehen können und wieder an einer anderen Stelle finden sich neue Paare,  ein bunt gewürfelter Haufen. In einer Ecke entdecke ich ein bekanntes Gesicht, es hat mich wohl nicht erkannt aus diesem Grund versuche ich mich schnell in einen anderen Raum zu flüchten. Aber auch hier dauert es nicht lange, bis wir uns wieder sehen, zwar nur flüchtig, doch wiederum lange genug, um uns zu erkennen. Es ist ein fröhliches, lachendes Gesicht, das sich von seiner Außenwelt nicht beeinflussen lässt. Sie sitzt mit einem hübschen jungen Mann in einer Ecke und beide spielen miteinander, ein Spiel, das jeden Außenstehenden zum Hinsehen verleitet. Sie wickelt mit jeder ihrer Gesten den Jungen um den kleinen Finger, spinnt ihr Garn, wie eine Spinne ihr Netz und fängt ihn langsam damit ein.

Aber dies ist nicht für die Ewigkeit, genau so schnell, wie sie ihn eingewickelt hat, lässt sie ihn auch blitzschnell wieder frei, um den nötigen Abstand zwischen sich und ihren Gespielen zu bringen, eben ein Spiel, das sie vollkommen zu beherrschen scheint. Der Junge hat nicht die geringste Chance sich dagegen zu wehren, es sei denn, er lässt von ihr ab. Er scheint wie hypnotisiert zu sein, vollkommen in ihren Blicken gefangen. Aber sie spielt ihr Spiel mit ihm in einer Perfektion, die nicht einmal einen Ansatz für eine „Fluchtversuch“ zulässt. Sie steht auf und will in einen anderen Raum, wie an ihr klebend geht er hinter ihr her, ja keinen ihrer Schritte verpassend. Ihre Reize scheinen ihn vollkommen willenlos gemacht zu haben. Ein anders Pärchen steht ganz versteckt in einer Ecke und scheint auch dieser Welt entrückt zu sein. Er hat sie vollkommen umschlungen, ihre Lippen scheinen nicht mehr voneinander lassen zu wollen. Sie hat ein Bein um seine Beine geschlungen und zieht ihn mal mehr, mal weniger zu sich heran. Beide bewegen sich im Takt. Es dauert nicht lange und sie hat auch ihr zweites Bein um in „gewickelt“. Man sieht den beiden an, dass sie hier nicht zum tanzen hergekommen sind. Wer weis, vielleicht haben sie sonst nicht die Möglichkeit sich zu sehen oder zu treffen, vielleicht sind sie aber auch einfach nur so in sich verliebt, dass ihnen ihre Umgebung egal ist. Auf jeden Fall scheinen sie miteinander in diesen Augenblicken glücklich zu sein. Aus der Bar ist plötzlich Lärm zu hören. Ein schon stark angetrunkener Mann hat ein Bierglas nach einer Frau geworfen und die Ordner sind dazwischen gegangen, bevor noch mehr Unglück passiert. An jeder Seite hat ihn einer am Arm gepackt. Sie werden den „Herrn“ an die „frische Luft“ befördern. Vielleicht kommt er dort besser mit seinem Kopf klar. Frische Luft hat schon so manchem wieder die Augen geöffnet.

In der großen Disco spielen sie einen Oldie. In mir werden bei diesem Lied sofort Erinnerungen wach. Bei dieser Melodie habe sie fest in den Armen gehalten und sie leidenschaftlich geküsst. Ein Kuss, der nicht ohne Folgen bleiben sollte, denn sie flüsterte mir Dinge in mein Ohr, von denen ich damals nur geträumt habe. Nachdem die Disco zu Ende war, hat sie mich mit zu sich nach  Hause genommen, um mir zu zeigen, was sie denn mit ihren Worten meinte. Und da eröffnete sie mir einen vollkommen neuen Blick für die Beziehung zwischen Mann und Frau. Sie hat mich „Spiele“ gelehrt, die weit über meine Phantasie hinausgingen. Ich hatte immer das Gefühl, dies ist ihr Element und das beherrschte sie bis zur Perfektion.

Am nächsten Morgen war ich völlig ermüdet, aber glücklich und an Erfahrung um Vieles reicher.