Zwei große fragende Augen sehen ihn an und wollen doch so viel wissen von dieser Welt, ein Lächeln, dem kaum jemand widerstehen kann. Haare, die so manche ihresgleichen voll Neid erfüllen und ihr selbst manchmal im Weg stehen. Ist sie noch ein Kind oder doch schon eine Frau? Da ist schon viel geschehen in ihrem kurzen, langen Leben, das Sie manchmal mit Wehmut erfüllt, manchmal nachdenklich stimmt, ob den dies das Leben ist, was Sie sich eigentlich erträumt hat. Draußen beginnen die ersten Frühlingsbooten ihre Lieder in den Himmel zu trällern und sie kommt von einer, wieder einmal viel zu langen, Nacht nach hause. An ihrem Arm ein junger Mann, den Sie offensichtlich schon lange kennt. Sie bewegen sich langsam, ineinander verschlungen und doch kann man in ihren Augen Wehmut sehen. Eine so junge Frau sollte mit einem jungen Mann an der Hand, nachts auf der Straße einen glücklicheren Eindruck machen, warum sie nicht. Ihr Gesicht wirkt nachdenklich, ihre schönen Augen etwas traurig, ihr Kopf schwer von Gedanken. „ Wie kannst du dich nur so vor anderen „produzieren“, du weißt genau, daß ich das nicht leiden kann“, sagt er zu ihr. Sie senkt ihren Kopf und denkt im Stillen bei sich, was hast du jetzt falsch gemacht? Ich war doch nur mit meinen neuen Klamotten in der Stammdisco, wo mich jeder kennt, wo seine Freunde mich sofort sehen, wo jeder weiß, zu wem ich gehöre. Nie würde ich etwas tun, daß unsere Beziehung in Frage stellen könnte, warum macht er mich so fertig? Er sollte sich mal an seine eigene Nase fassen. Hat er vielleicht vergessen, was mit meiner Freundin war? Aber angeblich ist ja alles nur Einbildung von mir, hat er mir jedenfalls versichert. Ich werde den Gedanken nicht los, daß er denkt ich bin sein Eigentum. Niemand ist eines anderen Menschen Eigentum , habe ich einmal in einem Buch gelesen und das gilt ja wohl auch in unserer Beziehung. Oder glaubt er etwa ich bin seine „Sklavin?“ Vielleicht sollten wir uns endlich einmal aussprechen, damit jeder vom anderen genau weis woran er ist. Ein guter Vorschlag. Wenn wir ausgeschlafen haben werde ich ihn zur Rede stellen. In dieser Nacht hat sie kein Verlangen mit ihm zu schlafen, wenn auch seine Nähe und der Duft seines Körpers ihr etwas Anderes sagen. Es ist Mittag, die Sonne hat bereits ihren Zenit überschritten und das bunte Treiben der Vögel ist weithin zu hören. Sie liegt schon über eine Stunde wach und versucht ihre Worte zu sammeln, es soll nicht wieder so ein Durcheinander geben, wie bei der letzten Aussprache. Sie haben über zwei Stunden miteinander gesprochen und am Ende ist doch nichts Vernünftiges herausgekommen. Diesmal wird sie standhaft bleiben, das hat sie sich fest vorgenommen. Entweder er ändert seine Ansichten oder es ist für beide das Beste, wenn sie sich endgültig trennen.
Sicherlich ist es ein schwerer Entschluß und ihr ist auch schwer um ihr kleines Herz, aber„lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende“. Gesagt getan, sie wartet, bis er ausgeschlafen hat. Langsam und noch vollkommen benommen öffnet er endlich die Augen. Gerade als sie mit ihren Worten beginnen will, da verschließt er ihren Mund mit einem langen, intensiven Kuß, so als würde er ahnen, was sie vor hatte. Ihr ganzer Mut, ihr ganzes Vorhaben ist auf einmal weg. Der Kuß hatte sie so überwältigt, daß sie von ihrem Vorhaben an diesem Tag Abstand nahm. Es wird sich in aller nächster Zeit ein neuer, günstigerer Moment bieten, an dem sie dieses Mal stark sein wird und sich nicht wieder überrumpeln läßt. „Was fangen wir denn heute mit dem schönen Tag an, meine kleine Maus“, fragt er, ist er sich etwa der ihm entgangenen Aussprache bewußt? Das kann nicht sein, sie verwirft diesen Gedanken schnell wieder, dann müßte ich ja im Schlaf gesprochen haben. „Am Besten wir fahren heute baden, es ist so schön warm draußen und wir waren schon lange nicht mehr an der Küste. Laß uns nach zu diesem Strandkaffee fahren, anschließend können wir noch an der Uferpromenade spazieren gehen und etwas essen“. Gesagt, getan, sie packen eine Decke ein und ein paar Handtücher und schon geht die Reise los. Unterwegs bemerkt sie, wie er ihr ständig „um den Bart“ geht, so, als wollte er etwas gut machen. Ihr gefällt es und sie läßt sich von ihm hofieren. An der Ostsee ist es wunderschön, mitten in der Woche ist der Strand nicht so überlaufen. Man findet überall noch einen Platz zum liegen und schon wird die Decke ausgebreitet und beide legen sich darauf, um sich von der Sonne Bräunen zu lassen.
Mit einem Strohhalm, den er auf dem Hinweg aufgelesen hat, beginnt er ihr ganz langsam über ihren Rücken zu fahren. Sie erschrickt anfangs und will sich gerade aufrichten, läßt sich aber dann aber wieder auf der Decke nieder und er beginnt von Neuem. Nach fast zehn Minuten dreht sie sich um, „jetzt bin ich dran“, flüstert sie leise. Er legt sich auf den Rücken, schließt seine Augen und sie beginnt mit dem selben Strohhalm das Spiel bei ihm. „Ich glaube es ist besser, wenn du jetzt ins Wasser gehst“, sagt sie und lacht dabei. Er schaut sie an, dann geht sein Blick an seinem Körper nach unten und ihm schießt die Röte ins Gesicht, „das glaube ich auch“.
Fast unauffällig, beide Hände vor seiner Hose, geht er mit schnellen Schritten ins Wasser, um seine „Gefühle“ wieder unter Kontrolle zu bringen. An der Strandpromenade essen beide in aller Ruhe einen Eisbecher, dann fahren sie wieder nach Hause. „Holst du mich morgen wieder ab oder soll ich zu dir kommen“, fragt sie, als sie sich verabschieden. „Ich komme zu dir“, sagt er mit einem Lächeln und gibt ihr einen langen Kuß zum Abschied, steigt in sein Auto und fährt los. Warum sind nicht alle Tage so schön, wie dieser, dann brauchte ich mir nicht solche Gedanken, wie heute Morgen zu machen. Trotzdem, denkt sie sich, ich wollte ihn doch zur Rede stellen und habe mich wieder einmal überrumpeln lassen. Wenn er Morgen kommt, werde ich als Erstes mit ihm reden und diesmal gibt es keine Ausflüchte!
Es ist erst abends um acht und sie hat noch keine Lust schlafen zu gehen, ein kurzes Telefonat mit ihrer besten Freundin und schon treffen sie sich eine halbe Stunde später in einer Bar. Wie kann es anders sein, es wird über den vergangenen Tag geplaudert. „Hast du ihm nun endlich mal die Meinung gesagt“, fragt die Freundin. „Nein“ antwortet sie, „er hat mich ausgetrickst“. Die Freundin hatte es wohl schon kommen sehen, „du solltest in deiner Beziehung nicht immer nachgeben und dir von ihm seine Meinung aufzwingen lassen, da sind so viel hübsche Kerle, die nur darauf warten, daß du endlich solo bist, laß den Typen sausen!“ Sie gibt ihr mit einem leichten Seufzer Recht, aber was soll sie denn machen, sie sind nun schon so lange zusammen, da fällt es schwer, man hat sich aneinander gewöhnt. „Ich weiß, du hast ja Recht“, sagt sie, „jedes Mal, wenn ich einen Typen sehe, der mir gefällt und bei dem ich sofort schwach werden könnte , sage ich mir ja auch, das ich es besser haben kann.“ Aber sagen ist das Eine, es tun ist etwas ganz Anderes und so werde ich wohl noch eine Zeit so weiterleben, wenn ich mich nicht selbst überwinde, denkt sie bei sich selbst. „Laß uns von etwas Anderem oder noch besser von einem Anderen reden.“ Und schon sind die beiden in ihrem Element. Sich über Jungs zu unterhalten, die man gesehen, getroffen oder vielleicht sogar gesprochen hat, das ist doch das Größte. Manchmal geraten sie dabei so richtig ins Schwärmen und träumen von ihrem Mann, der sie dann über die Schwelle tragen wird. „Ach ja,“ seufzen dann beide, „wie schön wäre das.“
Der nächste Tag.
„Hallo, schön das Du anrufst“, sagt sie, „bleibt es nun bei unserer Verabredung heute Abend?“ Am anderen Ende der Leitung ist eine kurze Pause, dann etwas verwirrt, „ Verabredung, äh , ja , nein, ich kann heute leider nicht, bei mir ist etwas dazwischen gekommen, ich muß meinen Eltern beim Tapezieren helfen, wir wollen doch an diesem Wochenende fertig werden. Du weist doch, das ich nur noch diese Woche Urlaub habe.“ Den ganzen Nachmittag war sie lustig und vergnügt, freute sich über jede Kleinigkeit, machte einen Haufen Späße, jetzt sah man ganz deutlich, wie sich ihr hübsches Gesicht veränderte. Nichts war mehr übrig von all` dem Lachen und der Ausgelassenheit. Mit dieser Antwort hatte sie gerade heute nicht gerechnet. Da hat man sich die ganze Woche auf das Wochenende gefreut und dann kommt so eine billige Ausrede, denkt sie so bei sich. Er hätte mir doch schon früher sagen können was er vor hat, vielleicht hätte ich mithelfen können. Wir wären schneller fertig geworden und hätten dann auch mehr Zeit für uns. Mit einer Geste der Gleichgültigkeit läßt sie den Telefonhörer in die Gabel fallen. Der Verdacht, daß er sie verladen hat kommt langsam in ihr auf, sie ist den Tränen nahe, doch sie kann sie noch zurück halten. Es soll doch niemand sehen, daß sie eigentlich unglücklich ist. Als sie im Bus sitzt, hinten, in der letzten Bankreihe, wo sie niemand beobachten kann, holt sie ihr Taschentuch heraus und hält es sich vor ihr Gesicht. Sie ist allein mit ihrer Trauer, wie oft hatte sie nun diese Situation schon erlebt, daß er sie mit solch fadenscheinigen Ausreden versetzt hatte. Irgendwann werde ich einen Schlußstrich ziehen, sagt sie sich zum wiederholten Mal. Was fange ich nun heute Abend an, wir wollten ja eigentlich in die Disco, am Besten ich rufe meine Freundin an, vielleicht hat sie ja Lust, etwas mit mir zu unternehmen. Und richtig, sie hat nicht nur Zeit, sondern auch noch einen besseren Vorschlag, „laß uns doch mal in eine andere Stadt fahren, wo uns keiner kennt, da können wir uns richtig auslassen, ohne das gleich am nächsten Tag wieder irgendeiner quatscht.“ Eine wirklich gute Idee, denkt sie so bei sich, abschalten und auf keinen achten müssen, genau das werden wir machen.
Eine riesige Leuchtreklame und mehrere Scheinwerfer locken die Beiden zum großen Eingangsportal. Warum sind wir nicht schon einmal früher hierher gefahren, stellen sich offenbar beide die Frage. Bevor sie eintreten wird noch festgelegt, wer von ihnen mit dem Auto zurückfährt. Schließlich gibt es genug Kontrollen und sie sind sich auch einig, daß Derjenige der fährt nicht trinkt. Nun aber hinein in das Vergnügen. Ihre Gedanken vom Abend sind wie weggeblasen, heute wird sich amüsiert. Die Eintrittskarten sind noch gar nicht ganz in den Handtaschen verstaut, da werden die beiden schon von zwei gutaussehenden Jungs zum Tanzen aufgefordert. Sie sehen sich an und denken sicherlich das Selbe, das kann ein richtig interessanter Abend werden. Es sind wohl schon ein paar Stunden vergangen, da glaubt sie ihren Augen nicht zu trauen, sie stößt ihre Freundin an, „… ist das da nicht mein Freund, mit dieser rothaarigen Friseuse“, fragt sie, „aber natürlich ist er das“. Beide sehen sich vollkommen verdutzt an, das kann doch nicht sein, er hatte mir doch hoch und heilig versprochen, daß er mit der Tussi Schluß gemacht hat und jetzt das. Sie war fassungslos, das war also seine Ausrede, von wegen beim tapezieren helfen, denkste, Tapetenwechsel war angesagt. Ein Blick genügt und sie verließ mit ihrer Freundin sofort den Saal. Er hatte sie offensichtlich nicht bemerkt und das war auch gut so, wahrscheinlich hätte sie ihm sonst eine riesige Szene gemacht.
„Kann ich heute Nacht bei dir schlafen“, fragte sie ihre Freundin. „Na klar, das versteht sich doch“, entgegnete diese. Auf dem Weg nach Hause sprachen beide kein Wort. Jetzt nur nicht an den „Scheißkerl“ denken, so oder ähnlich könnten ihre Gedanken gewesen sein. Bei der Freundin angekommen, gingen sie leise nach oben, um nicht die Eltern zu wecken. Es war nicht geheizt im Zimmer, also schnell ausziehen und ab unter die Decke. Da stand aber nur eine Liege, “was nun“, fragte sie ihre Freundin, „kein Problem, dann schlafen wir beide eben zusammen auf der Liege.“ Warum eigentlich nicht, schließlich ist sie ja meine beste Freundin und außerdem, was ist schon dabei, wir kenne uns nun schon so lange. Gesagt, getan, sie kuscheln sich aneinander, um sich gegenseitig zu wärmen und schlafen auch nach wenigen Minuten ein.
– Endlich Ruhe –
Am nächsten Tag werden sie fast zur gleichen Zeit wach. Aber was ist das, da liegt die Hand der Freundin auf ihrem Bauch. Vielleicht ist sie noch im Halbschlaf und merkt davon nichts. Doch die Hand scheint da anderer Ansicht zu sein. Langsam bewegt sie sich unter ihrem Hemd nach oben, beginnt sie zu streicheln. Einen Augenblick überlegt sie, ob sie ihre Freundin nun wecken soll, um dem Spiel ein Ende zu bereiten, dann ist sie aber von den Gefühlen, die sich langsam in ihr entwickeln, so überrascht, daß sie sie gewähren läßt. Behutsam erkunden ihre Finger den Körper von oben bis unten, schon sind sie zwischen ihren Schenkeln. Sie leistet keinen Widerstand und öffnet sich langsam. Ihr wird immer wärmer, der ganze Körper ist angespannt und beginnt sich langsam in rhythmischen Bewegungen auf und ab zu beugen. Jetzt weiß sie, daß es keine Reaktionen im Halbschlaf sind. Ihre Freundin scheint nicht nur an Jungs Vergnügen zu finden. So eine Art von Zärtlichkeit hatte sie noch nicht erlebt. Nie hätte sie zuvor zugegeben, daß derartige Spiele sie so in Erregung versetzen könnten, aber es gefiel ihr von Minute zu Minute mehr. Mit den Händen allein gab sich ihre Freundin nicht zu frieden. Langsam und mit ungekannter Sinnlichkeit wurde ihr Körper zum Spielfeld für ihre Zunge, auf diesem Gebiet schien sie eine Meisterin zu sein. Es dauerte nicht lange und beide fanden ihren Liebespunkt. Denn nur bedient werden, das wollte sie auch nicht. Diese Erfahrung wollte sie dann schon auch für sich machen. Was wie eine harmlose Berührung begann, wurde zu einem ungeahnten Erlebnis. Nachdem beide matt auf ihrer Hälfte der Liege lagen, war für ein paar Minuten kein Ton zu hören. Wer würde jetzt den ersten Schritt machen und der Anderen erklären, daß es ungewöhnlich, daß es gut war und ihrer Freundschaft keinen Abbruch tat?
„Ich“, wollten beide gleichzeitig sagen, „fang` du an“, sagte im zweiten Anlauf ihre Freundin. „Ich wollte dir sagen, daß du dir keinen Gedanken machen brauchst, es war zwar für mich das erste Mal, aber es war eine sehr schöne Erfahrung, für die ich mich bei dir bedanken möchte.“
Erleichterung war im Gesicht der Freundin zu erkennen, einen Augenblick dachte sie, daß jetzt ihre Freundschaft beendet sei. Sie lächelte und traute sich in dieser Situation die Frage, „ wollen wir das demnächst wiederholen?“ „Laß mich erst einmal meine Eindrücke verarbeiten“, sagte sie, „wenn es ein nächstes Mal gibt, dann möchte ich den Ort und den Zeitpunkt bestimmen“. Damit war ihre Freundin vollkommen einverstanden, schließlich wollte sie diese langjährige Beziehung nicht wegen irgend welchem Zeitdruck aufs Spiel setzen.